Arbeitsklima in Österreich 2009 bis 2021

Die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der aktuellen Krise deutlich verunsicherter als während der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009. Das zeigt der aktuelle Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer.

Anbieter: Arbeiterkammer
Veröffentlicht: Feb 2022
Preis: kostenlos
Studientyp: Marktforschung • Wirtschaftsstatistik
Branchen: Arbeitswelt • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft
Tags: Arbeitsklima • Arbeitsmarkt • Arbeitszufriedenheit • Belastung

Nach einer leichten Erholung über den Sommer ist der Arbeitsklima Index im vierten Quartal auf 105 Indexpunkte abgesackt. Die Beschäftigten haben deutlich mehr Stress als vor der Krise.

Die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind in der aktuellen Krise deutlich verunsicherter als während der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009. Damals sank der Arbeitsklima Index, der anhand verschiedener Indikatoren die Zufriedenheit der Beschäftigten misst, von 112 auf 108 Punkte. Derzeit liegt er, wie schon im Frühjahr 2020 bei 105 Indexpunkten – um 5 Punkte niedriger als vor einem Jahr.

Der Österreichische Arbeitsklima Index 2008 bis 2021

Stimmung droht zu kippen - Beschäftigte zunehmend verunsichert und belastet (0,6 MB)

Psychischer Stress stark gestiegen

Diese Bewegungen belegen neuerlich, dass der Arbeitsklima Index ein hoch sensibles, valides und einzigartiges Instrument zur Beschreibung des wirtschaftlichen und sozialen Wandels ist. Die einzelnen Indikatoren, die in ihrer Gesamtheit den Arbeitsklima Index ergeben – wie etwa die Zufriedenheit mit dem Einkommen, die Arbeitsbelastungen oder die Zukunftsperspektiven – haben sich im vergangenen Jahr (mit wenigen Ausnahmen) verschlechtert. Die deutlichste Veränderung war beim psychischen Stress zu beobachten. Dieser ist von 26 auf 34 Punkte (plus 31 Prozent) gestiegen. Höherer Zeitdruck und emotionale Belastungen führten bei vielen Beschäftigten, insbesondere in den systemrelevanten Berufen, zu einer deutlich geringeren Arbeitszufriedenheit.

Zu wenig Schutz vor dem Virus

Auch die körperlichen Belastungen und der Stress, sich auf neue Arbeitsinhalte und Anforderungen einstellen zu müssen, haben zugenommen. Hinzu kommt, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der Pflegebeschäftigten, Lehrer/-innen oder Kindergartenpädagogen/-innen über mangelnden Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus klagten. Auch das hat sich stark auf ihre (schlechte) Stimmung ausgewirkt.

Auf der anderen Seite sind die optimistischen Zukunftsaussichten der Beschäftigten auf die wirtschaftliche Entwicklung sowie den Arbeitsmarkt merklich geschwunden. 82 Prozent glauben, dass diese Krise den Arbeitsmarkt dauerhaft verändern wird. Ein Drittel sieht die Arbeitsplätze in Österreich in Gefahr.

Die Schere geht weiter auf

Ein Fünftel der Beschäftigten fühlt sich angesichts der Corona-Krise in der Existenz bedroht. Gleichzeitig ist die Zufriedenheit mit den Einkommen noch relativ stabil. Das deutet darauf hin, dass viele Arbeitnehmer/-innen froh sind, überhaupt noch einen Job und ein Einkommen zu haben. Die Kluft zwischen denen, die kaum mehr

mit ihrem Lohn oder Gehalt auskommen, und jenen, die auch in der Krise ihre sicheren und gut bezahlten Arbeitsplätze behalten haben, wird größer.

Physischer und psychischer Stress nehmen in der Krise zu

Das Jahr 2020 brachte für viele Beschäftigte neue berufliche Herausforderungen. Besonders in den systemrelevanten Berufen sind die Belastungen gestiegen.

Der Arbeitsklima Index misst vier verschiedene Belastungsfaktoren: psychischen Stress, physischen Stress, Isolation und Innovations-Stress. Die aktuelle Auswertung zeigt, dass sich zwölf Prozent aller österreichischen Beschäftigten in allen vier Bereichen überdurchschnittlich stark belastet fühlen. Das sind vor allem Arbeiter/-innen, vorwiegend in der Industrie, im Gewerbe oder am Bau, sowie Beschäftigte in Zustelldiensten oder in der Pflege. In den beiden letztgenannten Berufen fühlt sich jeweils rund ein Viertel der Arbeitnehmer/-innen mehrfach stark belastet.

Hoher Zeitdruck

Jene Berufsgruppen, die sich in der Krise als unverzichtbar herausgestellt haben, wie etwa Pflegekräfte, Handelsangestellte oder Reinigungskräfte, fühlten sich im vergangenen Jahr deutlich stärker belastet als im Jahr zuvor. In den systemrelevanten Berufen stieg etwa der Anteil der Beschäftigten, die unter Zeitdruck leiden, innerhalb eines Jahres von 21 auf 32 Prozent. Auch die emotionale Belastung, die Verletzungsgefahr und der Arbeitsdruck nahmen zu – und zwar in stärkerem Ausmaß als in nicht-systemrelevanten Berufen.

Neue Arbeitsbelastungen

Dazu kamen völlig neue Arbeitsbelastungen, wie etwa die Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus: Jede bzw. jeder siebte systemrelevante Beschäftigte fühlte sich nicht ausreichend geschützt. Ein Fünftel musste neue Aufgaben außerhalb des eigenen Arbeitsbereiches übernehmen, ein Viertel hatte Probleme, sich in dieser Ausnahmesituation auf die Arbeit zu konzentrieren.