Antisemitismus in Österreich
24. Jan 2020 • News • ifes • Marktforschung • Wirtschaft, Politik & Gesellschaft
Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz: Die Antisemitismus-Studie 2018 im Auftrag der Parlamentsdirektion verfolgt das Ziel, die bestehende Forschungslücke rund um Status und Entwicklung antisemitischer Tendenzen in Österreich zu schließen.Vor dem Hintergrund des Gedenkjahres 1938-2018 und der Debatte über neue Formen des Antisemitismus in Österreich durch Zuwanderung ermöglicht die Antisemitismus-Studie 2018 eine empirisch fundierte Grundlage zur Analyse und Diskussion antisemitischer Stereotype. Die Entscheidung des Auftraggebers, die Ergebnisse der Erhebung Interessierten, Medien und Forschung zur Verfügung zu stellen, fordert und fördert eine auf aktuelle Umfragedaten basierte Auseinandersetzung mit dem Thema Antisemitismus.
Inhalt der Studie
- Dimensionen des Antisemitismus
- Traditioneller Antisemitismus
- Israelbezogener Antisemitismus
- Sekundärer Antisemitismus
- Vorwurf der Assimilierungsverweigerung
- Rassistischer Antisemitismus
- Traditioneller Antijudaismus
- Manifester und latenter Antisemitismus
- Bedeutung von Alter und Bildung
- Antisemitische Narrative in Zuwanderergruppen
- Historischer Vergleich
- Ausblick
Studienauszug: Traditioneller Antisemitismus
Der traditionelle Antisemitismus, der Juden als „übermächtige Instanz“ ansieht, stößt in der repräsentativen Erhebung vor allem im wirtschaftlichen Kontext auf starke Zustimmung. So stimmen in der österreichweiten Repräsentativumfrage 39% der Befragten der Aussage „Die Juden beherrschen die internationale Geschäftswelt“ zu. Diese Einstellungsdimension ist sowohl für politische Narrative des rechten wie des linken Spektrums anschlussfähig. Wie differenziert die einzelnen Aussagen (Items) im Bereich des traditionellen Antisemitismus beurteilt werden, zeigt sich bei der Aussage „Juden haben in Österreich zu viel Einfluss“: Sie wird nur von 14% der Befragten geteilt.
Methodik und Durchführung
Bei der Konzeption, Durchführung und Auswertung der Studie kooperierten mehrere Institute und ExpertInnen. Die Feldarbeit erfolgte durch die Institute Ifes, Demox Research und Telemark. Die Auswertung der Daten wurde von IFES und Demox Research vorgenommen.
Die Ergebnisse der Studie basieren auf einer umfangreichen Stichprobe von insgesamt 2.700 Interviews. Um Methodeneffekte bei der Erhebung der Daten möglichst zu vermeiden, wurden verschiedene Erhebungsmethoden (face-to-faceInterviews, Telefoninterviews, Online-Interviews) miteinander kombiniert. Die Analyse der Auswirkungen der Erhebungsmethoden auf die Ergebnisse ergibt den überraschenden Befund, dass die Antwortverweigerung (Antwortkategorie „Weiß nicht, keine Angaben“) bei persönlichen Interviews zum Thema Antisemitismus entgegen den Erwartungen signifikant geringer war als bei Telefon- und OnlineInterviews. Die UmfrageteilnehmerInnen äußerten sich im persönlichen Interview somit genauso (offen) zu antisemitischen Stereotypen wie online und telefonisch. Im Hinblick auf die Debatte über Antisemitismus in Zuwanderergruppen umfasst die für die österreichische Bevölkerung ab 16 Jahren repräsentative Antisemitismus-Umfrage 2018 zwei zusätzliche aussagekräftige, jedoch nicht-repräsentative „Aufstockungsgruppen“ Türkisch und Arabisch sprechender RespondentInnen mit jeweils 300 Interviews.
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